100 Jahre Christuskirche Bochum-Gerthe

"Entdecken, was uns verbindet"


Ein kleiner Fund( Format 9x10) im Fotoarchiv mit großer Wirkung, so können wir heute berichten, was sich 2002 in der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum Gerthe ereignete. Das Foto zeigte in schwarz-weiß den Innenraum der Christuskirche aus dem Jahre 1928 und zierte den Denkspruch eines Konfirmationsjahrgangs. Alle wesentlichen Ausstattungsmerkmale der baulichen und künstlerischen Ausgestaltung der Kirche waren gut zu erkennen. Jetzt wurde allen Verantwortlichen klar, was Generationen von Gemeindemitgliedern in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten nach 1952 immer wieder sagten: „Was habt ihr aus unserer Christuskirche gemacht? Ich erkenne sie gar nicht wieder!“

Die Bombennächte des 2. Weltkrieges haben auch in Bochum-Gerthe deutliche Spuren hinterlassen. Nach der Wiedereröffnung des gottesdienstlichen Raumes der Christuskirche 1947 wurde das Bestreben laut: „Unsere Kirche soll schöner werden!“ Keine andere sachliche und theologisch begründet Ausführung konnten wir in den Unterlagen des Archivs finden. Und sie haben in dramatischer Weise die Christuskirche im Innern verändert und umgestaltet. Alle Malereien und Ornamente der Vergangenheit und Ursprünglichkeit wurden überstrichen oder sogar abgeschlagen. Eine neue zusätzliche Altarrückwand wurde installiert und neu bildnerisch gestaltet. Die theologische Aussagekraft und der inhaltliche Anspruch des Sakralbaus von 1910 wurden komplett umgedeutet. Für viele war das eine echte Herausforderung und auch Zumutung. Nachfolgende Generationen kannten es dann ja irgendwann nicht mehr anders.

Zum 100. Geburtstag im Jahre 2010 sollte das Innere der Christuskirche aufgefrischt werden. Das Presbyterium machte sich dazu Gedanken und fragte auch nach den Möglichkeiten der Finanzierbarkeit. Und dann der Fund des kleinen Fotos aus dem Jahre 1928. Sofort war allen Beteiligten klar, einfach nur alles neu weiß streichen konnte nicht die Lösung sein. Wir begaben uns gemeinsam mit dem Restaurator Franz Grunwald aus Bochum auf Spurensuche und machten unter den Farbschichten unglaubliche Entdeckungen. Wir fanden Ornamente, Zeichnungen, Symbole und vielfältige Gestaltungsmerkmale der Christuskirche aus der Zeit ihres Baus und der Fertigstellung 1910.

Wir entwarfen einen Plan der Aufarbeitung und Restaurierung.

Schnell zeichnete sich ab, dass wir keine neue ‚Bilderstürmerei‘ betreiben wollten. Unser Motto war: “Wir öffnen Fenster in die Vergangenheit und zeigen die Verletzungen, die diese Kirche erleben musste!“

Ein spannender Gestaltungsprozess von Jahren schloss sich an, der in vielerlei Weise auch dokumentiert wurde.

Pünktlich zum 100. Geburtstag der Christuskirche Gerthe konnten wir dann die Restaurationen des Innenraumes abschließen.

Die immensen Kosten hat die Gemeinde in der Zeit von 2003 -2010 ausschließlich aus Spenden aus der Gemeinde aufgebracht und den Fortgang der Arbeiten intensiv und transparent begleitet. Die Steine der Kirche wurden tatsächlich zu lebendigen Steinen.

Mit 112 Veranstaltungsangeboten feierten wir in aller Fülle das 100.Geburtstagsjahr und konnten mehr als 30. 000 Besucherinnen und Besucher begrüßen.

Wir haben unsere spannenden Geschichten erzählt und gezeigt, was war und was geworden ist. Seit dem Jahr 2010 sind wir auch ‚verlässlich offen Kirche‘ vom 1. April bis zum 30. September jeden Tag außer montags für 4 Stunden. Ein großartiges Team von Ehrenamtlichen begleitet dieses Projekt seit nunmehr 8 Jahren.

Der ‚Tag des offenen Denkmals‘ ist für uns immer wieder eine große Freude, denn dann öffnet sich der Rahmen weit über den eigenen Horizont der Gemeinde im Bochumer Norden.

Nach der späteren Turmsanierung 2012/13 und Aufbereitung verschollener Außenmalereien an der Südfassade zeigt sich die Christuskirche in sehr gutem Zustand. Dennoch bleibt immer wieder der Anspruch, die noch ausstehenden Arbeiten und Gestaltungen an der Aussenfassade nicht aus dem Blick zu verlieren. Wir brauchen gerade eine kleine Verschnaufpause oder einmal einen richtig satten ‚Schluck aus der Pulle‘, um weiter machen zu können.

Wir freuen uns sehr, dass zwischenzeitlich unsere Bemühungen ein weites Echo erzeugt haben und die Ergebnisse der Arbeiten sehr wohlwollend aufgenommen und weitergetragen worden sind.

Deshalb ist die Christuskirche der ‚Schatz von Gerthe‘, den wir gemeinsam haben heben können.

„Entdecken, was uns verbindet!“ – Wir haben so viele neue Anknüpfungspunkte gefunden und tragen sie weiter in die kommenden Generationen. Wir sind dankbar und voller Respekt vor den Leistungen unserer Mütter und Väter im Glauben, die diese Kirche 1910 errichtet haben.