Heute habe ich immer wieder einen Ohrwurm: „Keinen Tag soll es geben“. Ein schönes Lied. Wer es noch nicht kennt, kann sich das Lied unter dem untenstehenden Link anhören. Es singt von Beistand, Hoffnung, Liebe und Kraft. All das, was wir in unserer Situation gut brauchen können. Es passt also gut in unsere Zeit.
Bis auf ein Detail. Ein Detail, das in anderen, „normalen“ Zeiten eine selbstverständliche Kleinigkeit ist. Da heißt es direkt am Anfang des Liedes: „Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst: Niemand ist da, der mir die Hände reicht.“
Sich die Hände reichen. Zur Begrüßung, zum Abschied. Das Händeschütteln gehört einfach dazu. Plötzlich – wer hätte das jemals gedacht – geht das nicht mehr. Jetzt ist der Verzicht auf diese freundliche Geste ein Ausdruck von Solidarität. Sich nicht die Hände zu schütteln heißt: Ja, ich habe verstanden. Wir müssen unseren Kontakt einschränken, damit wir alle geschützt werden. Damit sich das Virus langsamer ausbreitet. Anfangs war das einfach nur ungewohnt und manchmal musste man sich gegenseitig daran erinnern, dass das Händeschütteln jetzt leider nicht mehr geht. Mittlerweile ist es ganz selbstverständlich, sich nicht die Hände zu schütteln, geschweige denn sich in den Arm zu nehmen. Für Viele bedeutet das, gar keinen Körperkontakt mehr zu haben. Wer in dieser Zeit allein wohnt, muss auf Berührungen verzichten. Je länger diese kontaktlose Zeit dauert, desto schwerer fällt das. Und verstärkt das Gefühl, allein zu sein. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir andere Wege zueinander finden. Spontane Treffen und zufällige Begegnungen wird es in der nächsten Zeit ja nicht geben. Aber es gibt immer noch Telefone, E-Mails, soziale Netzwerke und natürlich noch Postkarten und Briefe. Jetzt ist die Zeit, sich bei denen zu melden, die man lange nicht gesehen hat. Bei denen, die nicht ihre Wohnung verlassen können. Und es ist die Zeit, mal ganz ehrlich zu sein und zu sagen: Ich melde mich bei dir, weil ich mich einsam fühle. Und es ist trotz allem die richtige Zeit für das Lied „Keinen Tag soll es geben“. Denn es geht weiter mit dem Satz: „Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst: Niemand ist da, der mit mir Wege geht.“ Den Weg durch diese merkwürdige Zeit gehen wir nämlich alle gemeinsam. Auch wenn sich das manchmal anders anfühlt, sind wir doch miteinander verbunden. Und ich glaube, wir alle können den Segenswunsch im Refrain des Liedes gut gebrauchen. Er leiht sich Worte aus dem Philipperbrief und geht so: „Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsren Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe.“
Amen.
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