Anker der Woche zum Wochenspruch aus Psalm 98,1
Musik bewegt. Der eine tanzt gerne Salsa, die andere wippt mit dem Fuß zu ihrem Lieblingslied, wieder ein anderer tanzt, als würde ihn niemand beobachten, und eine andere singt laut und schief unter der Dusche und bewegt sich im Takt der Musik.
Musik bewegt. Und das nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Dem einen geht das Herz auf bei einer Arie, der anderen bei einem Johnny- Cash-Song. Und Musik kann mich auffangen, denn sie kann so viele unterschiedliche Emotionen in mir auslösen und ausdrücken. Ich kann ein Loblied singen, wenn es ein schöner Tag ist und ich mich wohl fühle. Ich kann aber auch ein Klagelied anstimmen, weil etwas auf meiner Seele lastet und mir gerade alles zu schwer vorkommt. Mal brauche ich leise Musik, um zur Ruhe zu kommen und mal brauche ich laute und brachiale Musik, um aus dem Gefängnis, in dem ich mich gefangen fühle, ausbrechen zu können. Dann kann ich Mauern einreißen. Mal brauche ich Zuspruch, dann lese ich gerne in den Psalmen, die ja auch nichts anderes sind als Lieder, die einst gesungen wurden. Dann stelle ich mir gerne vor, wie es klingt, wenn das Schaf aus Psalm 23 im finstern Tal unterwegs ist und dann wieder auf der grünen Aue.
Im Wochenspruch für diese Woche heißt es: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder. (Psalm 98,1) Und ich denke: Ja! Ja, ich will singen! Und dann fällt mir ein, dass es gerade nicht so einfach ist mit dem Singen.
Denn wie soll das jetzt gehen, wo die Virologen ganz eindeutig sagen, dass nicht miteinander gesungen werden soll, weil zu viele Aerosole beim Singen in die Umgebung abgegeben werden? Es geht nicht. Leider geht es gerade nicht mit dem gemeinsamen lauten Singen. Und das macht mich traurig, denn gerade der gemeinsame Gesang im Gottesdienst ist mir unglaublich wichtig. Er streichelt meine Seele.
Was kann mich also trösten? „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.“ Singen, das haben wir – zumindest in seiner gemeinschaftlichen Form – schon einmal gestrichen. Aber was ist mit dem Rest? „Ein neues Lied“ heißt es dort. Neu, das heißt erst mal anders. Ungewohnt. Etwas, das ich noch nicht kenne, in das ich erstmal hineinwachsen muss. Das ich tastend ausprobieren muss, um zu schauen, ob es mir passt. Vielleicht allein oder zu zweit singen. Die alten, gewohnten und geliebten Texte. Ein neues, altes Lied quasi. Ein Lied, das heute zu mir passt.
Wonach ist mir denn heute? Da muss ich erstmal hinfühlen.
Brauche ich Zuspruch? „Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt.“
Bin ich dankbar? „Sollt' ich meinem Gott nicht singen? Sollt' ich ihm nicht dankbar sein? Denn ich seh' in allen Dingen, wie so gut er's mit mir meint.“
Bin ich ratlos? „Ich steh' vor dir mit leeren Händen, Herr; fremd wie dein Name sind mir deine Wege.“
Fühle ich mich stark und mutig? „Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich; so oft ich ruf' und bete, weicht alles hinter sich.“
Oder traurig? „Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit, den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit.“
Genieße ich die Sonne auf meiner Haut und all das schöne Grün? „Geh aus, mein Herz, und suche Freud, in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben.“
Welche Saiten und Seiten möchte ich heute in mir zum Klingen bringen? Möchte ich die Hoffnung besingen, die Liebe? Den Mut, die Zuversicht? Oder den Schmerz, die Ängste?
Welches Lied möchte ich in mir zum Klingen bringen?
In all unserem Singen und Nichtsingen, unserem Tanzen, Schunkeln und Mitschwingen sind wir gesegnet und stehen unter Gottes Gnade. Denn er tut Wunder.
Amen.
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