HimmelsAnker Nr. 31 vom 11.10.20

Ellenbogen

Liebe Gemeinde,

es war wohl nach dem ersten Kurzgottesdienst in Coronazeiten hier in Hiltrop. Einige Gottesdienst besucher sammelten sich draußen vor der Kirche. Kein Handschlag, keine Umarmung. Aber: Einige berührten sich mit dem Ellenbogen (ich auch), um ein wenig körperliche Nähe herzustellen. Der Ellenbogen steht eher für Rücksichtslosigkeit und Egoismus. Jetzt aber für Zuwendung und Nähe.

Ellenbogengesellschaft - Jeder hat da seine Erfahrungen gemacht. Sich durchsetzen um jeden Preis - ohne Rücksicht auf Verluste. Erfahrungen sicher im persönlichen 0bereich, aber auch im Geschäftsleben und der Politik. Einschüchterungen, Kleinmachen, Mobbing, selbst Schülerinnen und Schüler kennen das. Anonyme Hassmails im Netz sind wohl in den meisten Fällen verbale Attacken, oft fremdenfeindlich und antisemitisch. Aber manchmal folgen Taten.

Ich erinnere an den Anschlag auf einen jüdischen Studenten vor einer Synagoge in Hamburg. Der Täter schlug mit einem Klappspaten brutal zu. Das vor genau einer Woche. Die Gemeinde beging das Laubhüttenfest. Der Student - schwerverletzt.

Vor ca. einem Jahr war die Synagoge in Halle das Ziel an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Zwei Ermordete. Eine Hassgesellschaft, in der man auch vor Mord nicht zurückschreckt. Da mag das Berühren mit dem Ellenbogen ein harmloses Zeichen sein, vielleicht ja auch ein kleiner Lichtblick.

Der für den heutigen Sonntag vorgesehene Predigttext weist einen möglichen Weg.

Gott lieben und den Nächsten. (5. Mose 30, 11ff in Auszügen)


Dem Abschied nehmenden Mose werden folgende Worte in den Mund gelegt:

„Das Gebot, das ich dir heute gebe, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. Es ist nicht im Himmel...... Es ist auch nicht jenseits des Meeres....

Denn es ist das Wort  ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust...... Dass du den Herrn, deinen Gott liebst und wandelst in seinen Wegen...“

Jesus, einmal gefragt nach dem höchsten Gebot, fügt noch hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. (Mt. 22, 39/ 3. Mose, 19, 18)  

Das sind die Regeln, die ein Leben, ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Was das konkret bedeutet, müsste diskutiert werden. Aber die Grundlinien sind klar:

Gottesliebe und Nächstenliebe.

Das sind gewissermaßen die AHA-Regeln der Christen (sicher auch der Juden).


Das jüdische Fest der Gesetzesfreude (Simchat tora)


Freitag und Samstag feierte die Jüdische Gemeinde das Fest der Gesetzesfreude, das letzte im Zyklus der jährlichen Feste. Freude am Gesetz Gottes, Freude an den Weisungen Gottes, die Leben möglich machen.

Das Attentat vom letzten Sonntag in Hamburg wirft sicher einen Schatten auf dieses Freudenfest. Es geht bei der Feier normalerweise turbulent zu. Die Torarollen werden siebenmal um die Bima, das Lespult getragen. Sie werden regelrecht umarmt. Und die Schritte der Träger können in Tanzschritte übergehen. Freude an Gottes Gebote, Freude an Gottes Wort.

„In dir ist Freude“, das alte Tanzlied, das einen geistlichen Text erhielt, passt wunderbar zu unserem heutigen Text. Wenn Sie Lust haben, nutzen Sie die Möglichkeit, alleine in Ihren eigenen vier Wänden zu singen. Arndt Pohlmann wird Sie unterstützen, wenn Sie unten auf „Das Lied zum Anhören“ klicken."

Hier finden Sie diese Andacht zum Ausdrucken.