HimmelsAnker Nr. 28 vom 20.09.20

Vom Sorgen und dem Sorgelos-Sein

Liebe Gemeinde,

ich freue mich, bei diesem Himmelsanker das Thema „Schöpfung“ behandeln zu können. Der Predigttext von diesem Sonntag erzählt im ersten Buch Mose von Gottes Schöpfung. Dort steht im zweiten Kapitel unter anderem:

Und Gott Adonai nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. (1. Mose 2,15)

Heute soll es nicht darum gehen, ob Christinnen und Christen an die biblisch beschriebene Weltschöpfung innerhalb der sieben Tage glauben oder nicht. Meiner Meinung nach gibt die Schöpfungsgeschichte viele Impulse für den Glauben. Zwei davon, die irgendwie gegensätzlich scheinen, will ich heute aufgreifen.

  1. Gott sorgt für uns. Mit der Schöpfung hat Gott uns in eine Welt gesandt, in der wir leben können und alles im Überfluss haben. Die Erde ist geschaffen, sodass wir auf ihr leben können. Und dabei hat Gott die Welt so wunderschön gemacht: die Berge, das Meer, die Flüsse, die schönen Wälder und so weiter. All das sehe ich als großartige Schöpfung Gottes, die uns zeigen soll, dass und wie sehr Gott sich um uns sorgt. Dass wir uns auf ihn verlassen können und dadurch auch selbst sorgloser sein dürfen.

  2. Gott sorgt für uns, aber wir sollen uns um seine Schöpfung sorgen. Wir sollen die Schöpfung annehmen und uns um sie kümmern, wir sollen sie eben bewahren. Und da geht es nicht nur um die Liebe zur Umwelt, nein auch um die Liebe zu den anderen Menschen. Schließlich hat Gott ja auch uns geschaffen und uns dadurch den Auftrag gegeben, auf uns Acht zu geben, in Nächstenliebe zu leben, anderen Menschen zu helfen.    

Aber wie passt das jetzt zusammen? Einerseits dürfen wir uns auf Gottes große und gnädige Macht verlassen und dadurch auch sorglos sein und andererseits haben wir auch den Auftrag, füreinander zu sorgen und die Nächstenliebe zu leben, ganz aktiv. Ich denke, dass beide Aspekte wichtig sind und nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Eine ausgewogene Balance zwischen Sorglosigkeit auf der einen Seite und dem Sich-Sorgen auf der anderen Seite erscheint mir da sinnvoll.

Aber klingt das nicht zynisch in den Ohren derer, die sich verlassen fühlen und deren Grundbedürfnisse gerade nicht gedeckt sind und die sich um ihr Überleben sorgen müssen? Ich denke da ganz aktuell an die Menschen hier in Bochum, die kein Zuhause haben und die sich jetzt schon darum sorgen, dass die Tage und Nächte kälter werden und sie kein Dach über dem Kopf haben. Ich denke auch an die geflüchteten Menschen auf der Insel Lesbos, die ihr letztes Hab und Gut verloren haben und nun wirklich nur noch die Kleidung tragen, die sie am Leib haben und sich sorgen, ob sie überhaupt irgendwo eine Zukunft haben können. Ich denke an die Menschen in Belarus, deren Menschenrechte mit Füßen getreten werden und die sich täglich darum sorgen, ob sie irgendwann in einer Demokratie leben können.   

Wir sollen uns sorgen, und dennoch sorglos sein. Wie geht das heute, wo es doch auch wirklich wichtig ist, sich um andere Menschen zu sorgen. Ich denke, dass wir niemals aufhören dürfen, uns um andere Menschen zu sorgen und uns für sie einzusetzen. Aber wir dürfen uns immer gewiss sein, dass wir dabei nicht allein sind. Wir werden in unserem Sorgen begleitet von Gott, der uns mit der Schöpfung den Beweis geliefert hat, dass er es wirklich ernst meint mit der Umsorgung der Menschheit. Wir dürfen die Menschen um uns herum nicht aus dem Blick verlieren, aber wir dürfen auch nicht im Sorgenstrudel versinken. Ohne die Sorge um uns selbst sind wir irgendwann gelähmt und können auch niemand anderem eine Hilfe sein. Deshalb sollen wir an Gottes großartige Schöpfung erinnert werden, mehrmals in der Bibel, unter anderem im ersten und zweiten Schöpfungsbericht.

„Heute habe ich viel zu tun und viele Sorgen. Deshalb muss ich heute viel beten.“ Dieser leicht abgewandelte Satz von Martin Luther kann auch heute noch für ein gelungenes Tagesmotto dienen. Ja, es ist wichtig sich um andere zu sorgen, die Hilfe brauchen. Dabei muss ich mich und darf ich Gott aber immer im Blick behalten und mir die Atempausen gönnen, die ich brauche. Mal mehr, und mal weniger.

Amen

Ihre Vikarin Alica Baron-Opsölder

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