HimmelsAnker Nr. 29 vom 27.09.20

Himmelsanker vom 27.09.2020

Liebe Gemeinde,

der Predigttext für diese Woche steht im 2. Timotheusbrief. Das ist vermutlich der letzte Brief von Paulus vor seinem Tod. Paulus befindet sich im Gefängnis, so schreibt er es jedenfalls im Brief. Es geht ihm nicht gut und er weiß, dass er bald sterben wird. Die lange Haft hat ihm zugesetzt. Einerseits will Paulus Timotheus mit dem Brief darum bitten, ihn zu besuchen. Was für Timotheus mit dem Risiko verbunden wäre, selbst in Haft zu geraten. Auf der anderen Seite will Paulus Timotheus mit diesem Brief Mut machen. Er will ihm Mut machen, weiterhin daran zu arbeiten, die Gemeinden zu vergrößern und Menschen mit der frohen Botschaft vertraut zu machen. Soviel erstmal zur Grundsituation. Ich lese nun den heutigen Predigttext:

"Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von Adonai noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes. Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium."

"Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht," so schreibt es Paulus. Heute können wir zumindest ahnen, dass das nicht immer den Gefühlen entsprochen hat, die Paulus gehabt hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass Paulus im Gefängnis mit Angst aufgewacht ist und die Angst ihn am Tag begleitet hat und er mit dieser Angst auch wieder eingeschlafen ist. Und dann, inmitten dieser Angst, schreibt Paulus von einem Geist der Liebe, der Kraft und der Besonnenheit, der uns durch Gott gegeben wurde und der uns dazu antreiben soll, Gottes Wort in die Welt zu tragen.

Nun befinden wir uns nicht in der gleichen Situation. Und doch gibt es durchaus Parallelen zu dem Gefühl der Angst, das Paulus im Gefängnis hatte. Wir möchten als Christen und Christinnen an das ewige Leben glauben und werden doch täglich daran erinnert, wie vergänglich und ja auch manchmal grausam das Leben hier auf der Erde ist. In dem Moment, in dem wir Angehörige verlieren, fällt es manchmal schwer, an diese Ewigkeit bei Gott zu glauben, auch wenn wir es gerne wollen. Das Leid, welches uns in der Trauer erfüllt, ist dann einfach spürbar. Im Predigttext wird das auch gar nicht verschwiegen, so steht dort: "Leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes." Leide mit! Paulus ist sich dessen bewusst, dass der Glaube nicht sofort und mit einem Klick in jeder Situation des Lebens glücklich macht. Der Glaube an einen liebevollen und barmherzigen Gott lässt Fragen aufkommen und auch Zweifel.  Doch inmitten dieser Zweifel und Fragen, die wir nicht beantworten können, bekommen wir eine Zusage in Form des Heiligen Geistes, der uns mit Liebe, Kraft und der Besonnenheit beschenkt. Das bedeutet nicht, dass die Angst nicht mehr da ist oder das Leid aus der Welt geschaffen. Aber es bedeutet für mich, dass wir damit nicht allein gelassen werden und Gott uns trotz aller Zweifel treu bleibt.

In einem Andachtsbuch für die ganze Familie wird der Geist, von dem Paulus spricht, so beschrieben:

"Glaubst du an Geister?
Als ich ein Kind war, habe ich jedes Mal vor dem Schlafengehen in meinen Schrank geschaut. Ich wollte nachsehen, ob sich da nicht doch ein Geist versteckt. Denn um Mitternacht ist ja Geisterstunde. Heute weiß ich, dass es keine Geister oder Gespenster wie Hui Buh gibt. Wir Christen glauben auch an einen ganz besonderen Geist: den Heiligen Geist. Das ist kein Geist, der uns das Fürchten lernen will und uns zur Geisterstunde in Angst und Schrecken versetzt. Der Heilige Geist ist so eine Art Motor.  Er treibt dich an. Er macht dich stark und selbstbewusst, also besonnen. Er verbindet dich mit Gott. Er ist „dein heißer Draht“ zu Gott. Gott selbst hat ihn in dein Herz gesandt, um dich mutig zu machen und um dir zu sagen: Ich liebe dich und bin bei dir! "

Amen

Ihre Vikarin Alica Baron-Opsölder

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