HimmelsAnker Nr. 2 vom 28.03.20

Vor ein paar Tagen erhielt ich auf meinem Handy folgende Nachricht eines „bekennenden“ Atheisten:

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ - Jesus Christus
„Und ich auch!“ - Coronavirus“.

In meiner ersten Reaktion ärgerte ich mich sehr über die spöttische Ergänzung der Worte Jesu im Matthäusevangelium Kapitel 18 Vers 20. Ich fühlte mich persönlich getroffen in meinem Bemühen, Menschen in unserer Gemeinde Raum und Räumlichkeiten zur Gemeinschaft, zum Sich-Versammeln, zum untereinander und füreinander Dasein anzubieten und sie dazu einzuladen.

Und ich war bestürzt über die Verunglimpfung dieser biblischen Botschaft.

Wenig später sprach ich mich mit meinem Kollegen gegen die zeitweise Öffnung unserer Kirchen zur stillen Einkehr aus – aus Sorge, das Infektionsrisiko für Menschen dadurch ebenfalls zu erhöhen.

Seit dem letzten Sonntag in Bochum und seit einigen Tagen jetzt auch landesweit gilt das Verbot, sich mit mehr als zwei Menschen im Freien aufzuhalten.

Meinem anfänglichen Ärger über die Verunglimpfung folgte Besorgnis, Unruhe, Angst.

„Wie lange wird das jetzt so sein?
Auf was müssen wir uns einstellen?
Was macht diese Zeit mit uns?
Wie werden Menschen, wie werden wir aus dieser Zeit hervorgehen?
Wird unser Leben wieder so sein können, wie es war?“

Zum Glück ermutigen uns biblische Texte, sie nicht wortwörtlich nehmen zu müssen, sondern sie in unsere eigenen Lebenssituationen eintreten und sich dort entfalten zu lassen. Und mit diesem Mut höre ich Jesus dann in Mt 18,20 sagen:

„Tretet ein in den „Möglichkeitsraum Gottes“! Wieviele ihr auch seid, spielt keine Rolle. Aber tretet ein. Steckt den Kopf nicht in den Sand. Rechnet mit der Möglichkeit, dass Gott bei euch ist und euch keinesfalls allein lässt. Vertraut darauf. Denn so habe ich Gott erfahren: Als Gott der Liebe, die in einem jeden Menschen wohnt – in jeder Situation, in jeder Sekunde eures Lebens. Diese Worte möchte ich in eure Herzen schreiben – bewahrt sie dort auf  – bitte!“

Diesem Glauben, wie ich ihn verstehe, erscheint das Leben als ein Geschenk und als Herausforderung zugleich. Wir können wach sein gegenüber dieser Herausforderung oder schläfrig, verschlossen und ängstlich.
Oder wandeln die in uns wohnende Liebe Gottes um in Nächstenliebe. Und das bedeutet in diesen Tagen: Rücksichtnahme, notwendige Distanz, sich um andere kümmern.


Amen.

 

 

Die Vorstellung von Gott als Möglichkeitsraum habe ich vom Theologen Tomás Halík.

 

Diese Andacht zum Anhören

gesprochen von Jörg Sonneborn