...musste ich in einer Unterhaltung bekennen: „Nein, ich habe „Game of Thrones“ nicht gesehen.“ Ich habe es mehrfach versucht, aber über die dritte Folge der 1. Staffel bin ich nie hinausgekommen. Trotzdem habe ich ein Buch über „Game of Thrones“ gelesen. Es hat den Titel: „Gott in Game of Thrones. Was rettet uns, wenn der Winter naht?“ Dieses bemerkenswerte Buch schrieb der Theologieprofessor Thorsten Dietz. Bemerkenswert an diesem Buch ist: Man kann es gut lesen, ohne die Serie gesehen zu haben!
Am Ende des Buches fand ich folgende Sätze, die ich an dieser Stelle gerne (gekürzt) mitteilen möchte. Es geht darin um einen wichtigen Aspekt des christlichen Glaubens:
„Was wird man einmal über uns sagen? Wie bleiben wir im Gedächtnis? Religionen stellen diese Fragen im alten, robusten Sinn: Was steht über uns in den himmlischen Büchern geschrieben, im Buch unserer Taten, unserer Leiden, im Buch des Lebens? … Im Judentum wie im Christentum ist das eine wesentliche Vorstellung: Unsere Leben sind es wert, aufgezeichnet zu werden. Und die schreibende Hand ist ehrlich, unbestechlich, gerecht. Wie wird die Bilanz ausfallen? Sind die Bücher schonungslos? Oder sind sie fair? Oder brauchen wir mehr als Fairness und Ehrlichkeit? Brauchen wir einen Geist der Güte, einen Geist des Verzeihens, der auch mal den Mantel des Schweigens über das Versagen, unsere Schuld, deckt und uns ehrt? Es muss doch einmal aufgehen, irgendwann und irgendwo.
Die entscheidende Botschaft ist: Gott vergibt uns unsere Schulden. Wir müssen sie nicht bezahlen. Es gibt keine Bedingung, keine Vorleistung. Auch keine Nachleistung. Gnade ist Gnade. ... Menschen hoffen darauf, wahrgenommen zu werden. Fair und wahrhaftig. Großzügig und verzeihend. Nicht auf Kosten der Wahrheit, aber so, dass auch bittere Wahrheiten nicht vernichtend sind. Dass sich am Ende ein gütiges Auge findet, das uns nicht auf unsere Fehler und Schwächen reduziert. Das barmherzig übersieht und wohlwollend vollendet. Dass unsere Tränen gezählt werden – und getrocknet. … Manches kann man nicht ungeschehen machen. Vieles lässt sich nicht wiedergutmachen. In unser aller Leben fände sich genug für einen Totalverriss. Wer in unserem Leben das Böse sucht, Schuld und Scheitern, das Kleinliche und Peinliche, der wird fündig werden. …
Im Zentrum des christlichen Glaubens steht der Geist der Verzeihung. Und wer dieses Erbarmen nicht für selbstverständlich nimmt, sondern erkennt, genau das ist es, was sich keiner geben kann, was nur unverdientes Geschenk ist, ist angekommen in der Mitte des Glaubens. … Christlicher Glaube besteht in dem radikalen Vertrauen, dass bei Gott Gerechtigkeit und Liebe zusammenfallen.
Das ist alles kein Gottesbeweis. Kein Mensch kann sich sagen: Hey, das wäre doch schön, wenn es das gebe, ein Auge, das alles sieht und weiß, nichts vergisst und gerecht beurteilt und gleichzeitig bedingungslos liebt, einen Menschen nicht nach seinen Taten beurteilt. Man kann sich nicht einfach so entschließen, an so etwas zu glauben. …
So bleibt am Ende die Frage: Gibt es irgendeinen Grund, auf so ein letztes Wort über uns zu hoffen, auf Gottes Wort? Die Frage „Gibt es Gott?“ trifft es nicht. Eher: „Wo ist so ein Gott?“ Ist er nur in unserer Fantasie, ein Produkt unseres Gerechtigkeitsgefühls, ein Überschuss menschlicher Einbildungskraft, ein Konglomerat von Idealbildungen, die in unserer Evolution zum Menschen eine Zeit lang hilfreich waren? Oder ist da mehr?“