HimmelsAnker Nr. 69 vom 13.06.21

Bleibt unbeirrt auf dem Weg der Liebe.

Liebe Leserinnen und Leser,

„Bleibt unbeirrt auf dem Weg der Liebe.“ Das sagt Paulus im Korintherbrief zu den Christen und Christinnen der dortigen Gemeinde.

Eigentlich ist das total klar, oder? Auf dem Weg der Liebe bleiben, das klingt gut. Das klingt christlich, menschlich und einfach schön. Paulus' gesamte Theologie durchzieht diese Aussage. Er kann scheinbar nicht genug davon bekommen, diesen Gedanken an seine Mitmenschen weiterzureichen. Auf dem Weg der Liebe bleiben klingt erstmal einfach und machbar. Paulus erzählt im Brief an die Korinther und auch in anderen Briefen immer wieder von Beispielen, die erläutern, dass die Praxis des Lebens in Liebe facettenreich und vielfältig ist und sein muss.

Im vierzehnten Kapitel berichtet Paulus von Problemen während des Gottesdienstes. Sie traten damals auf, weil alle durcheinander redeten. Manche redeten auch in Zungen, was ein sehr spirituelles Erlebnis eines Menschen ist, der ein Gebetserlebnis hat und dabei für alle Außenstehenden sehr undeutlich spricht. In unseren Gottesdiensten läuft ja eigentlich alles sehr geordnet und strukturiert ab. Trotzdem können wir die Gedanken von Paulus für unser Leben fruchtbar machen. Ich glaube nämlich, dass dieser Aspekt auch auf unser Leben in der Gemeinde insgesamt von Bedeutung ist:

1.    Worte der Spaltung

„Du glaubst doch gar nicht richtig, sonst würdest du nicht mit Nicht-christlichen Menschen reden.“
„Eine Frau, die den Gottesdienst leitet? Das geht nicht.“
„Ach die Kirche ist doch sowieso tot, erst recht, wenn Leute wie du dort mitarbeiten.“
All das sind Sätze, die ich schon gehört habe. Entweder wurden sie zu mir oder zu anderen gesagt. Diese Sätze sind inhaltlich verschieden und sagen trotzdem alle das gleiche aus: Du bist hier nicht am richtigen Platz, du gehörst nicht dazu. Du gehörst nicht zu denen, die richtig glauben. Paulus will mit seinem Brief solche ausgrenzenden Worte verhindern. Er will zum Gemeindeaufbau ermutigen niemanden ausgrenzen.

2.    Liebe als Maßstab

Dabei benutzt er immer wieder den gleichen Maßstab. „Bleibt unbeirrt auf dem Weg der Liebe.“ Paulus will, dass die Menschen prüfen, ob ihre Worte und Taten Einigkeit oder Spaltung hervorrufen. Auch und gerade in Sachen des Glaubens. Paulus ist sich im Klaren darüber, dass es verschiedene Ausrichtungen und auch Praxen im Glauben gibt. Die einen mögen es eher besinnlich, ruhig und geordnet. Andere wollen ihren Glauben eher laut, spontan und kreativ ausleben. All das ist in Ordnung, allerdings darf dabei niemand ausgegrenzt oder in ihrer Glaubenspraxis gestört werden. Paulus will, dass wir uns hinterfragen, ob unsere Worte und Taten nur für uns selbst da sind oder ob wir unsere Mitmenschen im Auge behalten.

3.    Meine Mitmenschen im Blick

Um zu verhindern andere mit meinen Worten auszugrenzen muss ich mich zwangsläufig mit meinem Umfeld auseinandersetzen. Mir fällt das immer wieder bei mir selbst auf. Oft merke ich erst viel zu spät, dass meine Worte ausgrenzend waren. Bestimmt auch, weil ich gar ich nicht weiß, wer die Menschen sind, denen ich so begegne.
Wer wohnt da eigentlich neben mir? Wen treffe ich da eigentlich jeden Tag in der Bahn? Wer sitzt rechts und links neben mir in der Kirchenbank? Das zu wissen ist schon ein erster kleiner Schritt, der Ausgrenzung verhindern kann.

4.    „Bleibt unbeirrt auf dem Weg der Liebe.“

Wir sollen auf dem Weg der Liebe bleiben. Klingt schön, kostet aber richtig viel Kraft. Das gute daran: Den Weg der Liebe begehen wir niemals alleine. Gott geht mit. Gott ist auch da, wenn wir straucheln. Gott verzeiht auch, wenn wir vom Weg abkommen. Aber Gott motiviert auch, dass wir unser Leben in der Liebe leben.

Amen


Ich wünsche Ihnen eine gesegnete neue Woche!

Ihre Vikarin Alica Baron-Opsölder