HimmelsAnker Nr. 13 vom 07.06.20

Rette mich durch den Sturm

Ich sitze in meinem Zimmer, völlig ausgepowert vom Tag.
Es war so viel.
Einiges hat mich ganz schön mitgenommen.
Wie so oft setzte ich mir die Kopfhörer auf und schiebe erst mal eine CD in den CD-Player.
„Land unter“ von Herbert Grönemeyer.
Vieles in dem Text erinnert mich an meinen Tag.

Der Wind steht schief
Die Luft aus Eis...
Wellen wehren dich
Stürzen mich von Tal zu Tal
Die Gewalten gegen mich...

Ich kenne dieses Gefühl, das Herbert Grönemeyer beschreibt.
Der Wind weht mir ins Gesicht, ich komme an wichtigen Stellen nicht mehr weiter. Es gibt zu viele, die gegen mich sind: Umstände, Probleme, Menschen.
Keine Perspektiven, Bekanntschaften zu Ende, Pläne zerschlagen...

Die Luft aus Eis: Stress mit den Eltern, Streit in der Verwandtschaft, Nerverei in der Familie. Gegeneinander – völlig eisige Atmosphäre.

Die See geht hoch: Hohe Wellen, tiefe Täler, der Boden unter meinen Füßen beginnt sich zu drehen. Ich habe das Gefühl zu versinken.

Die Gewalten gegen mich: Neid, Konkurrenz, Unverständnis, Ausgrenzung: „Dich find ich blöd, du gehörst nicht zu uns, mit dir nicht!“

Ich bin Gemeindepfarrer. Mein Handwerkszeug ist die Bibel. Und natürlich erinnert mich dieses Lied an eine Begebenheit aus der Bibel. Erzählt wird von Petrus, der sein Boot verlässt und sich inmitten von tosenden Wellen aufs offene Meer hinauswagt, etwas ausprobiert und riskiert.
Und er macht genau dieselben Erfahrungen: Der Wind weht ihm ins Gesicht, die See geht hoch, der Untergrund löst sich auf, er findet keinen Halt mehr, und er wendet sich an Jesus und schreit: Herr, rette mich!

Da bricht sie durch, die Sehnsucht, die ich von mir kenne und die Herbert Grönemeyer in seinem Lied so prägnant beschreibt: Der Wunsch nach jemandem, der zu mir steht, nach dem ich schreien kann, der mir hilft, der mir beisteht, wenn es um mich herum hoch hergeht. Der mir seinen Arm so entgegenstreckt, dass ich ihn fassen und festhalten kann. Und der zu mir sagt:

Hab keine Angst vorm Untergehn,
scheint auch alles sinnlos, solls nicht sein,
ich geb dich nie verloren;
ich halte dich auf Kurs.

Grönemeyer nennt diesen Jemand in seinem Lied „rauhe Endlosigkeit“. Für ihn scheint er ein Stück entfernt. Gleichzeitig jedoch immer schon dagewesen und auch zukünftig immer gegenwärtig.
Und er ist rauh, manchmal unverständlich, ein Etwas, das mir scheinbar einiges zumutet, aber immer da ist, ein Gegenüber, das ich anrufen kann.

So gesehen klingt der Refrain des Liedes für mich wie ein Gebet, mit dem ich mich an Gott wenden kann, wenn Grönemeyer singt:

Geleite mich heim,
Rauhe Endlosigkeit
Bist zu lange fort
Mach Feuer an
Damit ich dich finden kann
Steig zu mir an Bord
Übernimm die Wacht
Bring mich durch die Nacht
Rette mich durch den Sturm


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