HimmelsAnker Nr. 22 vom 09.08.20

Gedanken zu Psalm 139

Gott, guten Morgen!

Du weißt ja, dass ich manchmal nachts wach liege und nachdenke; und du kennst die Zeiten, in denen meine Tage dunkel sind, weil ich Sorgen habe.
Wenn ich Nachrichten höre, passiert es manchmal, dass ich mir vorstelle, wie das sein muss:
Wenn es meine Frau wäre, die in dem abgestürzten Flugzeug saß.
Wenn es mein Kind wäre, das verhungert ist, weil wir einfach nichts, gar nichts hatten.
Wenn ich es wäre, der die allerschlimmste Diagnose bekommt.
Dann stockt mir der Atem und ich werde mutlos und verzagt und finde mich selbst zum Kotzen, weil ich es so gut habe, aber so wenig daraus mache.
Die Welt ist ein schauerlicher Ort, Gott, das weißt du, und meine Schauerlichkeiten kennst du sicher auch.

Und trotzdem scheint heute die Sonne hell auf unsere Stadt und ihre Wärme erwärmt auch mein Herz.
Das Gras ist unglaublich grün und lädt dazu ein, barfuß darüber zu laufen. Winzige Insekten leben ihre eigenen großen kleinen Leben zwischen den Halmen. Die Bäume halten ihre Wurzeln tief in die kühle Erde, ihre Blätter rauschen im Luftzug. Sie verwandeln Licht in Sauerstoff! O Wunder der Photosynthese!
Irgendwo weit oben in den Bergen gluckert das Wasser einer Quelle aus dem Stein, kristallklar und erfrischend, löscht Tieren den Durst und einem Wanderer, der zum Gipfel will. Es bildet ein Rinnsal, wird zum Bach, zum Fluss, zum Strom. Ist Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Ein stattlicher Hecht zieht seine Bahnen. Der Fluss mündet ins Meer.
In der Tiefsee leben Kreaturen, die sich kein Mensch hätte ausdenken können. Der Lampenfisch lockt mit seinem Leuchtorgan Beute an. Viele Meter weiter oben bewegt sich ein Koloss elegant an die Oberfläche. Eine Walkuh bläst ihre Fontäne in die Luft. In den Tropfen bricht sich das Sonnenlicht in Millionen kleine Regenbogen.
In der Ferne braut sich ein Sturm zusammen. Die Wellen gehen meterhoch. Am Festland kommt der Sturm als sanfte Brise an. Die Wellen laufen weich auf weißen Sand.
Gott, deine Welt ist einfach unglaublich! So reich an den köstlichsten Dingen: Mangos! Erdbeeren! Äpfel! Rotkohl! Feldsalat! Vanille! Oregano!
So reich an Tieren: Kühe! Schnabeltiere! Blattschneideameisen! Erdmännchen! Kängurus! Eisbären! Mistkäfer!

Und natürlich der Mensch! Unvorstellbar, dass er wirklich funktioniert. Mit diesen Kilometern von Adern, durch die das Blut fließt. Und das Herz pumpt und pumpt. Leber und Milz machen ihre Arbeit, ohne dass die meisten Menschen überhaupt wissen, worin die genau besteht.
Und unsere Haut! Was für ein Wunder: Sie schützt uns so gut und gleichzeitig lässt sie uns so viel empfinden. Wärme, Kälte, Streicheln …
Und dass es Liebe gibt! Freundschaft! Kunst! Mitgefühl! Feste! Träume! Musik!
Allein die Musik! Leise, laute, gezupfte, elektrisch verstärkte, getrommelte, wilde, traurige. Erinnerungsmusik, Musik, die einen von der Zukunft träumen lässt, Musik, bei der das Denken aufhört und wir nur noch tanzen. Der Muskelkater am nächsten Morgen ist ein schöner Schmerz.

Ich danke dir, Gott, dass die Welt so wunderbar gemacht ist. Das erkennt meine Seele. Ich danke dir dafür, dass der Mensch so wunderbar gemacht ist. Ich bin auch wunderbar gemacht. Mit meinen Schauerseiten. Mit meinen Höhen und Tiefen. Mit meiner Angst und mit meinen Mutausbrüchen. Mit meinen Wünschen und meinen Grenzen, mit dem was war, was ist und was kommt. Ich bin wunderbar gemacht.

„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele."

(Psalm 139,14)

Diese Andacht zum Anhören

Hier finden Sie diese Andacht zum Ausdrucken.