HimmelsAnker Nr. 85 vom 10.10.21

Geheilt

HimmelsAnker zum 19. Sonntag nach Trinitatis 2021 | Jesaja 38,10-20

Kennen Sie das? Einen Moment kurz nicht aufgepasst. Zack! Zucken durch den Unterarm viele tausend winzige Nadelstiche. Ich habe mir den Musikantenknochen gestoßen. Der heißt wohl so, weil’s ordentlich dudelt, wenn man ihn sich stößt. Und zwar in den schrägsten Tönen. Der Musikant in meinem Ellenbogen steht anscheinend nicht so auf Harmonie. Und ich bin echt froh, dass sein schräges Gedudel meistens schnell wieder vorbei ist. Nach ein paar Sekunden ist es meistens wieder gut. Das tut so gut, wenn der Schmerz nachlässt! Dann kann ich endlich mit dem weitermachen, was auch immer ich gerade getan habe. Allerdings bin ich dann immer vorsichtiger. Ich kann mich nicht erinnern, meinen Musikantenknochen jemals zweimal hintereinander gestoßen zu haben.

Nach so einem Schmerz ist es unglaublich wohltuend, wenn alles wieder normal ist. Dann freue ich mich, dass alles wieder funktioniert. Genauso ist es auch mit längeren Verletzungen oder Krankheiten. Es tut so gut, wenn die Wunde am Finger endlich wieder verheilt ist und ich wieder kräftig zupacken kann. Es wirkt so unglaublich befreiend, wenn die Nase nicht mehr verstopft ist und ich einfach so atmen kann. Ganz frei.

Ein Lied von Heilung singt auch Hiskia im heutigen Predigttext. Hiskia war König von Juda zu Beginn des 7. Jahrhunderts vor Christus. Juda wurde damals belagert. Gott befreite Juda von den Feinden. Kurz darauf wird Hiskia todkrank. Aber auch hier hilft Gott. Hiskia wird wieder gesund. Darum singt Hiskia ihm folgendes Lied:

10 Als ich krank war, sagte ich:
Mitten im Leben muss ich gehen.
Ich stehe an der Schwelle des Todes,
der Rest meiner Jahre wird mir genommen.
11 Dann kann ich den Herrn nicht mehr sehen,
den Herrn im Land der Lebendigen.
Dann kann ich keinen Menschen mehr erblicken,
weil ich nicht mehr auf der Welt bin.
12 Meine Bleibe auf der Erde wird abgebrochen,
sie wird weggetragen wie ein Hirtenzelt.
Ich habe mein Leben zu Ende gewebt,
wie ein Weber, der am Schluss den Stoff einrollt.
Der wird dann vom Webstuhl abgeschnitten.
Tag und Nacht lässt du, Gott, mich mein Ende spüren.
13 Bis zum Morgen versuche ich vergeblich,
zur Ruhe zu kommen.
Doch wie ein Löwe zertrümmerst du mir die Knochen.
Ja, Tag und Nacht lässt du mich mein Ende spüren.
14 Ich piepse vor Angst wie eine Schwalbe
und gurre wie eine furchtsame Taube.
Voll Sehnsucht richte ich meine Augen nach oben:
Herr, ich bin in Not – tritt für mich ein!
15 Was soll ich sonst sagen?
Er hat doch nur getan, was er mir angedroht hat.
Ich bin so verbittert,
dass ich keinen Schlaf mehr finde.
16 Herr, das ist es, wovon man lebt,
und worin auch ich die Kraft zum Leben finde:
Du kannst mich gesund machen.
Deshalb lass mich leben!
17 Jetzt weiß ich:
Mein bitteres Leid hat mir Frieden gebracht.
In deiner Liebe hast du mein Leben
vor Tod und Grab bewahrt.
Denn all meine Sünden hast du genommen
und weit hinter dich geworfen.
18 Im Totenreich ertönt kein Dank,
im Tod kein Lob für dich.
Wer ins Grab hinabgestiegen ist,
hofft nicht mehr auf deine Treue.
19 Doch wer am Leben ist, der kann dir danken,
so wie ich es heute tue.
Väter erzählen ihren Kindern von deiner Treue.
20 Der Herr hat mich gerettet.
Deshalb wollen wir in seinem Tempel
singen und musizieren, solange wir leben.

Hiskia singt für Gott, der ihn befreit. Von Krankheit, von Feinden und von Schuld.
Hiskia singt, dass er in der Hoffnung auf Gott Kraft findet: Du kannst mich gesund machen. Deshalb lass mich leben!

In der Pandemie gibt es leider viele Beispiele dafür, wie gefährlich es sein kann, das Heilwerden ganz allein auf die eigene Glaubenskraft zu schieben. Nach dem Motto: Wenn du nur stark genug glaubst, wirst du gesund! Menschen haben deswegen auf Hygiene-Regeln verzichtet und sogar die Impfung abgelehnt. Und damit sich und andere gefährdet. Viele mussten wegen dieses Irrglaubens sogar sterben. Ganz so einfach ist eben nicht. Glauben verhindert bittere Schicksalsschläge nicht.

Aber Glauben bringt Hoffnung. Er gibt Kraft. Er motiviert.
Er erinnert uns daran, dass Gott uns beisteht.
Dass er uns das Leben schenkt, jeden Tag neu. Bis zum Tod und sogar darüber hinaus.
Gott will, dass wir frei leben. Darum vergibt er uns. Er befreit uns von Schuld.
Wir sind bei ihm willkommen. Jederzeit. Auch wenn ich mich sonst von allen anderen verlassen fühle oder mich selbst nicht ausstehen kann, ist Gott da. Mit offenen Armen. Er nimmt mich an, so wie ich bin. Er macht mich frei.

Und das tut mindestens so gut wie ein Musikantenknochen, der nicht mehr dudelt. Wie ein Arm, den ich endlich wieder bewegen kann und wie eine freie Nase mit der ich tief ein- und ausatmen kann.

Und weil wir frei und am Leben sind, lasst uns Gott singen und musizieren, solange wir leben.

Amen.