HimmelsAnker Nr. 74 vom 18.07.21

Hoffnung

„Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Doch am größten von ihnen ist die Liebe“. 1.Kor 13,13

Während des letzten Lockdowns haben wir unsere Konfirmanden und Konfirmandinnen gefragt, was ihnen in diesen schwierigen Zeiten Hoffnung gibt.
Bevor ich die Antworten der Jugendlichen preisgebe, frage ich mich, wie man auf solch eine Frage kommt: Was gibt euch Hoffnung?
Warum nicht: Was beruhigt euch? Was nimmt euch die Angst? Was macht euch wieder fröhlich?
Warum die Frage nach Hoffnung?

Nun -  es ist eine Lebenserfahrung: Menschen leben aus Hoffnung und werden in Krisenzeiten oftmals erst aktiv, wenn sie die Hoffnung auf Veränderung haben.
Hoffnung ermöglicht Vorausschauen, die Wahrnehmung und Realisierung befreiender Möglichkeiten.
Hoffnung schärft in Menschen den „Möglichkeitssinn“.
Hoffnung stiftet Entlastung und Trost.

Deshalb also die Frage an die Jugendlichen:
„Was gibt euch Hoffnung?“
Die Antworten fielen erstaunlicherweise gleich aus:
„Meine Familie, meine Freundinnen und Freunde, Musik, mein Lieblingsfilm, mein Sport und … es war gerade eben erst geschafft: der Aufstieg des VfL Bochum in die 1. Fußball-Bundesliga!“

Menschen, Ereignisse, wichtige Dinge erwecken Hoffnung und machen somit Mut, dass Veränderungen möglich sind.

Aber wir haben nicht nur die Konfis gefragt.
Unter uns Pfarrerinnen und Pfarrern stellten wir uns selbst die Frage: Was gibt mir eigentlich Hoffnung?
Unsere Antworten? Siehe oben! „Meine Familie, die eigenen Kinder, mein Sport, gute Bücher, Musik und … mein Glaube an Gott!“

Vielleicht war es ein berufsbedingter Reflex oder einfach die Erinnerung an den Trauspruch, den ich für die letzte kirchliche Hochzeit auszulegen hatte: Zusätzlich dachte ich bei der Frage nach meiner Hoffnung auch an die berühmten Worte, die Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat: „Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Doch am größten von ihnen ist die Liebe“.
Mit diesen Worten hat Paulus nicht nur über sich selbst geschrieben. Mit diesen Worten hat Paulus Geschichte geschrieben, die bis heute nachwirkt.

Ich kenne Männer und Frauen, die haben sich die dazu passenden Symbole Anker, Kreuz und Herz in ihre Haut tätowieren lassen oder tragen sie kunstvoll gestaltet an Ketten um den Hals oder als Armband.
Ich selber trage so etwas nicht und habe auch kein Glaube-Liebe-Hoffnung-Tattoo.
Aber dieser Vers des Paulus erklärt meine Hoffnung, die mich in diesen Zeiten auch über Wasser hält:

Ich habe die Hoffnung, dass Menschen zum Glauben an Gott zurückfinden, damit sie entdecken, dass die Liebe das Größte ist – weil Gott Liebe ist.

Ich selbst erlebe in diesen Zeiten Menschen als gottlos, unbarmherzig, ungnädig, treulos, ungeduldig und ungerecht.
Deswegen ist meine Hoffnung, dass Menschen wieder Gott entdecken und erfahren können, dass Gott Liebe ist und die Liebe das Größte, was unserem Leben und Zusammenleben helfen kann.
Meine Hoffnungen können sich ändern – je nach meiner Lebenssituation.
Mein Glaube ändert sich, wird mit mir erwachsen.
So ist die Liebe ist das Größte, was uns passieren kann.
Nicht nur im romantischen Sinn, mit dem wir unseren Partner oder unsere Partnerin lieben, unsere Kinder oder unsere Eltern.
Nein, die Liebe als Konzept fürs Leben – so erfahren wir es in den biblischen Texten – die Liebe als Lebenskonzept hat viele Eigenschaften! Ihr zur Seite steht Gnade, Güte, Treue, Geduld, Langmut, Gerechtigkeit, Freiheit, Barmherzigkeit.

All diese Eigenschaften beschreiben die praktische Seite der Liebe – nicht die romantisch-emotionale!
Ich nenne Beispiele aus der Bibel:
Liebe die Fremden: Hier geht es um Respekt, Wertschätzung, Arbeit an der Verständigung, es geht um Integrationspolitik!
Liebe die Witwen und Waisen: Hier geht es um unser soziales, um unser politisches Engagement für alle Bedürftigen in unserer Gesellschaft!
Liebe den Gottesdienst: Eröffne Räume, in denen Menschen Gott, Gottes Liebe erfahren können!
Liebe die Kirche: Spätestens jetzt geht es um uns! Um uns als Geschwister im Glauben an Gott! Um unseren Umgang miteinander, um gegenseitige Achtung und würdevolle Begegnung innerhalb unserer Gemeinschaft.

Das alles – und noch viel mehr ist Ausdruck der Liebe Gottes, wie sie in Jesus begegnet ist, wie über sie in biblischen Erzählungen berichtet wird.

Das ist meine Hoffnung in diesen Zeiten.
Mit dieser Hoffnung ermutige ich mich selbst, nicht aufzugeben und weiterzumachen, Gott erfahrbar zu machen, Gott als Liebe erfahrbar zu machen.
Nicht im romantischen Sinn, sondern als eine Grundhaltung, die friedliches, harmonisches und damit wertschätzendes Zusammenleben von Menschen ermöglicht.