HimmelsAnker Nr. 15 vom 21.06.20

Alltagserfahrungen

Im hebräischen Teil unserer Bibel, im sog. Alten Testament, wird von Mose erzählt, der Gott bittet: „Lass mich doch deine Herrlichkeit sehen.“
Wenigstens einmal möchte Mose Gott sehen, möchte er  einen eindeutigen Beweis.
Und was antwortet Gott?  „Mich kannst du nicht sehen. Kein Mensch wird das aushalten können.“
Aber in dieser Erzählung entzieht sich Gott Mose nicht ganz, er erfüllt den Wunsch -  zur Hälfte.
Mose darf Gott sehen – aber nur von hinten. Dazu stellt Gott Mose in eine Felsspalte und hält, während er an ihm vorübergeht, seine Hand über ihn. Erst nachdem er vorbeigegangen ist, nimmt Gott seine Hand weg und Mose darf ihm hinterhersehen. Die ganze Geschichte finden Sie im 2. Buch Mose im 33. Kapitel.

Diese Geschichte zeichnet uns  ein Bild für eine mögliche Gotteserfahrung:
In unserem Leben und in unserer Welt können wir Spuren Gottes entdecken – aber eben oft nur im Nachhinein, im Rückblick, und nie völlig eindeutig.
In dieser Welt bekommen wir Gott nicht zu fassen, doch wir können Gott erahnen, wir können das Göttliche erfahren, können ihm begegnen.


„Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es denn dieses Haus tun, das ich gebaut habe? - so betet König Salomo bei der Einweihung des Jerusalemer Tempels.
Gott ist nicht über uns im Himmel, sondern Himmel ist überall dort, wo um uns herum Gott ist.


Einmal brachte eine Mutter ihren Sohn zum Rabbi. Der  Rabbi sagte zu dem Jungen: „Ich gebe dir einen Gulden, wenn du mir sagen kannst, wo Gott wohnt.“
Der antwortete: „Und ich gebe dir zwei Gulden, wenn du mir sagen kannst, wo er nicht wohnt.“
Eine kluge Antwort: Gott begegnet mir in ganz alltäglichen Lebenserfahrungen und gewöhnlichen menschlichen Verhältnissen. Dabei machen Christinnen und Christen keine andere Erfahrungen als Menschen sonst – sie erahnen aber in dem, was ihnen widerfährt, die Nähe Gottes, die Liebe Gottes, das Wirken Gottes, etwas, das größer und unfassbarer ist als wir alle zusammen.

Und es sind in der Regel keine spektakulären Erlebnisse. Jeder Augenblick kann eine Gotteserfahrung enthalten. Wir sollten nur so sensibel sein, damit auch zu rechnen.

Amen.

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