HimmelsAnker Nr. 95 vom 19.12.21

Großes aus Kleinem

HimmelsAnker zum 4. Advent 2021 | Lukas 1,26-38.46-48a

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie Maria hören? Ich muss da sofort an das Ave Maria, die katholische Kirche und den Marienkult denken. Keine Frau spielt eine größere Rolle in der katholischen Kirche. Maria, Mutter Gottes, die unbefleckte Jungfrau. Es gibt unglaubliche viele Kunstwerke über diese Frau und ebenso viele Musikstücke. Sie hat es als einzige Frau sogar ins Glaubensbekenntnis geschafft. An Maria kommt man also gar nicht vorbei, wenn man sich ein bisschen mit dem christlichen Glauben beschäftigt.

Und wenn man in die Bibel schaut und nach Maria sucht, dann … Ja, dann … Also ehrlich gesagt, war ich ein bisschen überrascht. Wissen Sie, wie oft Maria in den Evangelien jeweils vorkommt? Ich habe extra bei der Predigtvorbereitung noch einmal nachgezählt. Wenn ich mich nicht völlig verzählt habe, sind es zwei Gelegenheiten. Zweimal! Das hätte ich doch anders erwartet, wenn ich mir diesen ganzen Marienkult angucke.

Maria war außerdem nicht wirklich außergewöhnlich. Zumindest nicht, wenn es nach der Bibel geht. Aber hören Sie selbst, wie das Lukasevangelium sie einführt:

Da schickte Gott den Engel Gabriel zu einer Jungfrau in die Stadt Nazaret in Galiläa.27Sie war mit einem Mann verlobt, der Josef hieß und ein Nachkomme Davids war. Die Jungfrau hieß Maria.28Der Engel trat bei ihr ein und sagte: »Sei gegrüßt! Gott hat dir seine Gnade geschenkt. Der Herr ist mit dir.«29 Maria erschrak über diese Worte und fragte sich: »Was hat dieser Gruß zu bedeuten?«

30Da sagte der Engel zu ihr: »Fürchte dich nicht, Maria. Gott schenkt dir seine Gnade: 31Du wirst schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen. Dem sollst du den Namen Jesus geben.32Er ist zu Großem bestimmt und wird ›Sohn des Höchsten‹ genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vorfahren David geben.33Er wird für immer als König herrschen über die Nachkommen Jakobs. Seine Herrschaft wird niemals aufhören.«

34Da sagte Maria zu dem Engel: »Wie soll das möglich sein? Ich habe doch noch nie mit einem Mann geschlafen!«35Der Engel antwortete: »Der Heilige Geist wird auf dich kommen. Die Kraft des Höchsten wird dieses Wunder in dir bewirken. Deshalb wird das Kind, das du erwartest, heilig sein und ›Sohn Gottes‹ genannt werden. 36Sieh doch: Auch Elisabet, deine Verwandte, erwartet einen Sohn trotz ihres hohen Alters. Sie ist jetzt im sechsten Monat schwanger, und dabei hieß es: Sie kann keine Kinder bekommen. 37Für Gott ist nichts unmöglich.«38 Da sagte Maria: »Ich diene dem Herrn. Es soll an mir geschehen, was du gesagt hast.« Da verließ sie der Engel.

Maria, Jungfrau in Nazaret, verlobt mit Josef. Und das war’s dann auch. Und ich muss ehrlich gestehen: Das ist mir viel sympathischer als diese ganze überbordende Marienverehrung. Maria als ganz einfacher Mensch. Maria ist ganz überrascht und verwirrt von der Botschaft des Engels. Ein paar Verse später sagt sie selbst: „Gott wendet sich mir zu, obwohl ich nur eine unbedeutende Dienerin bin.“

Und das ist für mich eine so schöne, so großartige Sache! Gott sucht sich die unbedeutenden, kleinen, einfachen Menschen aus. Das ganz Große beginnt im ganz Kleinen. Gott stellt die Verhältnisse auf den Kopf. „Für Gott ist nichts unmöglich“, sagt der Engel. Für Gott ist es auch möglich, in diese Welt zu kommen und ganz unten, klein und unbedeutend anzufangen. Und aus diesem kleinen Anfang ist etwas geworden, dass die Welt verändert hat und immer noch verändert. Für mich stellt diese Geschichte von Maria klar, dass für Gott kein Mensch unbedeutend ist. Kein einziger und keine einzige. Auch wenn er oder sie sich selbst für noch so überflüssig und unbedeutend hält, sind sie und er für Gott wichtig. Und das ist eine wirklich großartige Botschaft! Darüber kann man sich schon freuen, finde ich. Und ich kann dann irgendwie auch verstehen, dass man aus dieser Botschaft, dass das ganz Große im ganz Kleinen beginnen kann, so einen Kult macht. Dass man Maria dermaßen verehrt, ihr Kunst- und Musikstücke widmet. Gut, dass man sie anbetet muss nicht unbedingt sein, finde ich. Aber ganz wichtig ist, nicht diesen kleinen, einfachen, scheinbar unbedeutenden Anfang zu vergessen. Gott kommt zu den kleinsten Menschen. Da kommt er in die Welt. Zu Maria, der einfachen Jungfrau und zu dir und zu mir. Und das ist doch ein Grund zur Freude. Und das sagt auch Maria:

„Ich lobe den Herrn aus tiefstem Herzen.
Alles in mir jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter. Denn er wendet sich mir zu, obwohl ich nur seine unbedeutende Dienerin bin.“

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.