HimmelsAnker Nr. 43 vom 27.12.20

Himmelsanker am Sonntag nach Weihnachten 2020

Jetzt kann man ja mal darüber reden: Josef

Wenn man die Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Lukas wörtlich nimmt, ist Josef eigentlich der Stiefvater Jesu. Er musste vor über 2000 Jahren  genau mit dieser Mitteilung aus dem Munde seiner Verlobten Maria fertig werden: „Du Josef, ich muss dir was sagen. Ich bin schwanger, aber das Kind ist nicht von dir.“

Ups!

Und was tat Josef?

Er haute nicht ab. Er blieb bei Maria. Er haderte mit seinem Schicksal, sicher, aber er verließ die Frau, die von einem anderen schwanger war, nicht. Und er bot dem Kind damit ein anständiges Zuhause. Mehr noch: Er begab sich – dem Weihnachtsevangelium nach - sogar mit Maria auf die Flucht, als König Herodes den Jungen ermorden wollte. Und als sie im Stall standen, bibbernd vor Kälte, da hätte wirklich jeder dafür Verständnis gehabt, wenn er gesagt hätte: „Maria, jetzt reicht´s. Ich hau ab.“ Josef jedoch sammelte Heu und Stroh, damit das Kind weich liegen konnte.

Ich finde, Josef müsste verehrt werden, denn er ist ein großes Vorbild für jeden modernen Mann. Aber dieser Meinung sind nur wenige Menschen hier auf Erden. Im Gegenteil: Vor der Krippe stehen die Kinder, Frauen und Männer und bestaunen entzückt immer nur Maria und das Jesuskind. „Guck mal, das Jesuskind, wie süß. Und Maria, wie schön sie ist.“ Ganz hinten steht noch einer, der darf vielleicht die Laterne halten, um die Hauptakteure der Krippe richtig ins Bild zu setzen: Das ist Josef. Wie ungerecht!

Bei der Aufstellung der Heiligen Familie spielt er immer nur eine Nebenrolle. Auch die Darstellungen der heiligen Nacht in der Malerei lassen dies vermuten. Auf den Weihnachtsgemälden ist Josef erst seit dem 6. Jahrhundert zu sehen. Und so richtig kommt er auch da noch nicht vor. Immer steht die innige Beziehung zwischen Maria und dem Kind im Mittelpunkt. Das Jesulein sitzt auf ihrem Schoß oder liegt in der Krippe. Ochs und Esel sind da. Und Josef? Wo ist Josef? Er steht bescheiden im Hintergrund.

Erst auf mittelalterlichen Bildern rückt Josef mehr in das Familiengeschehen. Da hilft er schon mal als Hausmann bei der Zubereitung des Bades. Er schürt das Feuer oder kümmert sich um das Essen. Man braucht jetzt einen Vater, Beschützer, Ernährer. Also darf Josef das Kind pflegen. Auf einem Bild kocht er ihm sogar ein Süpplein.

In der Bibel erzählt zum ersten Mal Matthäus über die Geburt Jesu aus der Sicht des Josef. Darin heißt es, dass er gerecht war. Er will Maria nicht bloßstellen. Die mysteriöse Schwangerschaft wäre eigentlich für den braven Zimmermann ein Grund gewesen, Maria zu verlassen. Doch schließlich muss er Mutter und Kind in Sicherheit bringen. Deshalb bleibt er.

In diesem Sinne ist Josef ein vorbildlicher Mann, und ich finde es höchst ungerecht, dass Josef, der verantwortungsvolle Partner, der Jesus liebt wie sein eigenes Fleisch und Blut, bis heute nur als Randfigur gesehen wird.

Schlimmer noch: In der Redewendung „Keuscher Josef“ und „Josefsehe“ wird der Ärmste regelrecht verspottet. Eine Josefsehe ist eine Ehe, bei der Gatte und Gattin durch Vereinbarung den geschlechtlichen Verkehr ausschließen. Das Wort Josefsehe ist eine Anspielung auf das eheliche Verhältnis zwischen Maria und Josef. Einige Leute glauben zu wissen, dass die beiden nie miteinander geschlafen haben. Ein keuscher Josef wird deshalb auch ironisch ein allzu sittsamer Mann genannt.

Ich weiß nicht, ob der neutestamentliche Josef ein keuscher Josef war. Für mich ist dieser Josef ein starker Typ, weil er sich über Traditionen und Gesetze hinwegsetzte, weil er sich nicht um das Gerede der Leute kümmerte, sondern um das Kind und die Mutter. Er hatte die Kraft, er hatte Mut. Er war ein guter Vater. Ich finde, Josef ist ein toller Mann.

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