HimmelsAnker Nr. 16 vom 28.06.20

Vergeben göttlich

HimmelsAnker zum 3. Sonntag nach Trinitatis | Micha 7,18-20

Irren ist männlich, Vergeben göttlich. Entschuldigung. Irren ist menschlich, Vergeben göttlich. Auch wenn es oft einen anderen Anschein macht, ist das Irren nicht nur allein den Männern vorbehalten. Alle Menschen machen Fehler. „Alle machen Fehler, alle machen Fehler. Keiner ist ein Supermann“ hat Rolf Zuckowski mal in einem seiner Kinderlieder gesungen. Kinder lernen schon früh, dass Fehler zum Leben dazu gehören. Das ist auch gut so! Kinder müssen wissen, dass Fehler erlaubt sind. Hinfallen, Krönchen richten, weitermachen. Ein Fehler ist nicht das Ende der Welt. Ein Fehler ist ein Lehrer. Wenn man nach dem Hinfallen das Krönchen richtet, muss es neu ausgerichtet werden, damit man denselben Fehler nicht zweimal begeht. Fehler sind also normal. Sie gehören dazu. Sie sind gar nicht so schlimm!

Das ist zwar alles richtig. Aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Denn einen großen Aspekt des Ganzen habe ich noch gar nicht angesprochen. Das ist das, was in uns vorgeht, wenn wir einen Fehler machen. Wir ärgern uns, wir sind frustriert und wir schämen uns. Dann können wir immer noch hoffen, dass es keiner mitgekriegt hat. Peter Ustinov sagte: „Jeder Mensch macht Fehler. Das Kunststück liegt darin, sie dann zu machen, wenn keiner zuschaut.“ Aber auch wenn dieses Kunststück gelingt, bleiben manchmal Scham und Schuldgefühl. Dann sind wir mit unserem Kummer allein. Je größer der Fehler, desto größer ist auch der Kummer. „Der Kummer, der nicht spricht, nagt leise am Herzen, bis es bricht“, sagte Shakespeare. An solchem Kummer, an solchem Schuldgefühl ist schon vieles zerbrochen: Herzen, Beziehungen und ganze Familien. Wie eine unüberwindbare Mauer kann Schuld zwischen Menschen stehen. Steine aus Schuld, zusammengehalten von Mörtel aus Schweigen.

Gegen Schuld hilft Vergebung und gegen Schweigen hilft Reden. Wie gut, dass es jemanden gibt, zu dem wir immer kommen können. Egal, wie groß die Scham oder die Schuld auch sein mag. Gott hat ein offenes Ohr für uns. Und ein weites Herz. Der Prophet Micha hat dafür diese Worte gefunden:

Herr, wo ist ein Gott wie du? Du vergibst denen, die von deinem Volk übrig geblieben sind, und verzeihst ihnen ihre Schuld. Du bleibst nicht für immer zornig, denn du liebst es, gnädig zu sein! Ja, der Herr wird wieder Erbarmen mit uns haben und unsere Schuld auslöschen. Er wirft alle unsere Sünden ins tiefste Meer.

Ja, Vergeben ist göttlich. Gott macht es uns vor. Und er ruft uns dazu auf, es ihm nachzumachen.
Im Vater unser beten wir: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Schuld trennt uns voneinander und von Gott. Aber sie ist nicht unbesiegbar. Sie kann vergeben werden. Wenn wir wissen, dass uns vergeben wird und dass wir einander vergeben können, schaffen wir es vielleicht den größten Fehler im Leben zu vermeiden. Dietrich Bonnhoeffer sagte: „Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.“

Amen.

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