HimmelsAnker Nr. 88 vom 31.10.21

Freiheit

HimmelsAnker zum Reformationstag 2021 | Galater 5,1-6

Freiheit! Freiheit ist das Thema unseres HimmelsAnkers. Aber nicht nur hier ist es Thema. Immer wieder geht es um Freiheit. In verschiedensten Zusammenhängen. „Wir verlieren unsere letzte Freiheit“ konnte man einige klagen hören, als es um die Einführung eines Tempolimits ging. „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ hörte man immer wieder, z.B. als es um das Wort Zigeunersauce und andere Wörter ging, die Minderheiten verletzen. Und natürlich war und ist Freiheit das große Thema in der Pandemie. „Man darf ja bald gar nichts mehr“ als es um Ausgangsbeschränkungen und ähnliches ging. Oder „Ich darf nicht mal mehr meine eigene Meinung äußern“ wenn es um angebliche Spätfolgen von Impfungen geht. Die Maske wird und wurde da auch gerne mal als Maulkorb bezeichnet.

Bei vielen macht sich das Gefühl breit, massiv in der eigenen Freiheit beschnitten zu werden. Ein furchtbares, einengendes Gefühl. Das wissen wir alle, spätestens seit dem ersten Lockdown. Freiheit ist ein hohes, ein wertvolles Gut. „Freiheit ist das einzige, was zählt“, singt ja auch Marius Müller-Westernhagen. Das wusste auch Konrad Adenauer 1952, als er damals klarstellte, dass Deutschland sich keinem politischen Zwang unterwerfen darf: „Wir stehen vor der Wahl zwischen Sklaverei und Freiheit. Wir wählen die Freiheit!“ Ein historisches Ereignis.
Genau wie die Reformation, die wir heute feiern. Die Freiheit stand auch da zentral im Mittelpunkt.
Eine für Luther damals ganz wichtige Bibelstelle ist heute Predigttext. Paulus warnt die Gemeinde in Galatien davor, nicht dem politischen Druck nachzugeben. Für alle Christen damals wäre es nämlich einfacher gewesen, sich beschneiden zu lassen und damit dem Judentum beizutreten. Juden standen damals unter dem Schutz Roms. Christen hingegen wurden verfolgt. Das schrieb Paulus ihnen dazu:

Galater 5, 1 - 6

1 Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Bleibt also standhaft und unterwerft euch nicht wieder dem Joch der Sklaverei!

2 Ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, wird Christus euch nichts nützen.

3 Ich sage es noch einmal mit allem Nachdruck jedem, der sich beschneiden lässt: Er ist verpflichtet, das ganze Gesetz einzuhalten.

4 Ihr habt dann mit Christus nichts mehr zu tun. Jeder, der durch das Gesetz vor Gott als gerecht gelten will, hat damit die Gnade verspielt.

5 Wir aber dürfen durch den Geist Gottes hoffen, aufgrund des Glaubens vor Gott als gerecht zu gelten.

6 Denn wenn wir zu Christus Jesus gehören, spielt es keine Rolle, ob jemand beschnitten ist oder nicht. Es zählt nur der Glaube, der sich in Liebe auswirkt.

Freiheit! Freiheit vom Gesetz, von all den Regeln. Freiheit von dem Gedanken, dass man sich Gottes Liebe, seine Vergebung, erarbeiten müsse. Dabei kann das niemand.
Und das war Luthers großes Aha-Erlebnis: Niemand kann sich Gottes Gnade erarbeiten. Und niemand muss das. Er schenkt sie uns. Einfach so. Gott befreit uns von Schuld, von dem Gefühl, dass wir es ihm niemals recht machen können. Er vergibt uns. Weil er uns liebt.
Aus Liebe hat er diese Welt erschaffen und sich ihr gegenüber verpflichtet. Aus Liebe ist er immer für uns da. Aus Liebe hat Gott seine Freiheit eingeschränkt. Und zwar so sehr, dass er sich darauf festnageln lässt.

Das bedeutet Freiheit für uns. Das Höchste, was wir uns denken können, nämlich Gott, nimmt uns an, so wie wir sind. Dadurch wird er zu unserer festen Burg. Durch den Glauben an ihn, werden wir befreit. Wir müssen uns vor niemandem mehr beweisen. Unser Blick auf die Welt wird nicht mehr von Angst bestimmt. Wir sind frei!

So sind wir befreit in unserem Denken. Heißt das jetzt, dass wir tun und lassen können, was wir wollen?

Luther schrieb dazu das:

„Ein Christenmensch ist sein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan."

Anscheinend nicht. Wir sind nicht frei, zu tun und zu lassen, was wir wollen.
Denn derselbe Glaube an Gott, der uns befreit, ruft uns zur Liebe auf.
Nochmal Paulus: „Es zählt nur der Glaube, der sich in Liebe auswirkt“

Wir sind aufgerufen zur Nächstenliebe. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!

„Freiheit! Freiheit, ist das einzige, was zählt“ Ganz so einfach ist es eben nicht. Unsere Freiheit ist nämlich nicht grenzenlos. Sie hört spätestens da auf, wo wir andere gefährden. Frei handeln zu können, heißt auch immer, für das eigene Handeln verantwortlich zu sein. Und für Christen heißt es, das eigene Handeln am Wohl des Nächsten auszurichten. Freiheit ist ein hohes Gut. Ohne Freiheit können wir nicht leben. Aber meine Freiheit darf nicht dazu führen, dass andere darunter leiden.

Freiheit ist nichts ohne die Liebe. Mit Freiheit allein, bleibe ich allein.

Gott hat uns dazu befreit, unser Leben von unserem Glauben und unserer Liebe bestimmen zu lassen. Diese Freiheit nehme ich mir gerne.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.