(10) Neulich ...

... saß ich in der Kirche im Gottesdienst und schaute fasziniert dem Licht- und Schattenspiel zu, welches durch das Buntglas fiel. Eigentlich sollte ich der Predigt folgen, doch das Schattenspiel hielt mich in seinem Bann und meine Gedanken schweiften ab.

Schatten! Ein echter Lebensretter an heißen Sommertagen und gleichzeitig so bedrohlich in der Nacht. Ich merke, wie ich zwiegespalten bin. An heißen Tagen bin ich froh über jedes schattige Plätzchen, das ich finden kann, um nicht in der prallen Sonne zu vergehen. Doch wird es Abend und dunkel um mich herum, dann schleicht sich ein ungutes Gefühl ein, jeder Schatten birgt etwas in sich, was meinen Puls höher treibt und meine Fantasie beflügelt. Lauert dort eine Gefahr auf mich? Was verbirgt sich dort im Schatten? Und je unsicherer ich werde, umso mehr entferne ich mich von den Schatten und bringe mich in vermeintliche Sicherheit. Wieso erschreckt mich der Schatten, der mir am Tage noch Geborgenheit geschenkt hat, bei Nacht? Ich komme ins Grübeln. Wann machen mir Schatten Angst? In Situationen, in denen ich mich nicht sicher fühle. Hingegen spendet mir ein Schatten Geborgenheit, wenn die Welt um mich herum grell erleuchtet ist und ich in Trubel des Lebens eine kleine Auszeit brauche.

Mir fällt der Psalm 121 ein, dort heißt es: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?  Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht.  Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht. Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts. Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!

Gott ist mein Schatten? Na gut, Gott schenkt mir Geborgenheit, wenn das Leben um mich herum grell strahlt und ich eine kleine Auszeit brauche. Aber was ist in der Nacht? Wenn ich Angst vor den Schatten habe? Habe ich Angst vor Gott? Ein unangenehmer Gedanke … Und doch ist er wahr. Ich habe oft Angst, nicht direkt vor Gott, aber vor meinen Fehlern. Ich habe Angst davor nicht genug zu sein, mich nicht genug anzustrengen im Studium, im Job. Ich habe Angst davor, meinen Kindern und Freunden nicht genug Zeit zu widmen. Ich habe Angst davor, nicht genug zu sein, nichts richtig zu machen. Ich habe Angst davor, was Gott von mir hält … Und so werden die Schatten immer größer und meine Angst beflügelt meine Fantasie. Ich sehe eine Bedrohung, wo keine ist, und fürchte mich. Woher kommt mir Hilfe?

Der Psalm 121 hat hierauf eine Antwort: „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“ Der Herr hilft mir, er nimmt mich an und hüllt mich in Geborgenheit ein. Meine Ängste sind nicht verschwunden, aber ich bin nicht mit ihnen allein. Gott wirft seinen Schatten über mich und hüllt mich in Geborgenheit ein. Ich kann mich durch seine Hilfe meinen Ängsten in der Nacht stellen und herausfinden, dass in den Schatten nichts Bedrohliches lauert. Gott ist meine Hilfe, er ist mein Schatten …

Und während dieser Gedanke mein Herz berührt, kehrt meine Aufmerksamkeit wieder zum Gottesdienst zurück. Die Predigt handelt von Jona, meinem Lieblingspropheten. Auch Jona hat seinen Weg mit Gott gefunden, trotz aller Zweifel und Ängste. Und während der Gottesdienst uns stärkt und ermutigt, unseren Weg mit Gott zu gehen, spendet Gott seinen Schatten.