(3) Neulich ...

...fand ich folgenden Beitrag eines Lesers in der theologischen Wochenzeitschrift „Publik Forum“:

Da stehen am Supermarkteingang die Hinweisschilder: Maskenpflicht! Abstand halten! Markierungen auf dem Boden, Zugangsbeschränkung, Desinfektion! Alles für die Gesundheit!

Doch zwischen den Regalen Abstand halten? Eilige Mitmenschen quetschen sich vorbei, eine ältere Dame wartet ängstlich.

Ich denke, die Regeln sollten die Menschen und mich selbst schützen und Sicherheit vermitteln. So versuche ich, mich daran zu halten. Ich will verlässlich, rücksichtsvoll sein, will niemanden in Angst versetzen.

In der Schlange vor der Kasse regle ich den Abstand zum Vordermann selbst. Der Hintermann rückt auf. Schön dicht.

Was tun? Nichts sagen? Oder: „Sie können wohl die Hinweisschilder nicht lesen …!“
Besser nicht. Also frage ich höflich: „Würden Sie bitte Abstand halten?“

„Wieso?“, knurrt er im Kampfmodus. „Ich trage Maske! Noch was?“

Ja, denke ich: der Abstand.

Da kommt noch eins drauf: „Was soll der Sch...? Die da vorne stehen dicht an dicht!“

Ich versuche zu besänftigen: „Ist ja gut! Ist ja schon gut!“

Dabei ist nichts gut: der Abstand nicht, ein verlässliches Corona-Miteinander fehlt. Mein Gegenüber ist unter Strom. Ihn nerven Vorschriften und Heile-heile-Segen-Trost, klar. Keine gute Voraussetzung für regelkonformes Verhalten. Wie verschwindet sein Frust?

Geht es so? „Entschuldigung, das ist keine Vorschrift! Es ist meine Bitte!“ (Das müsste entspannen.) Ich fühle mich mit etwas mehr Abstand sicherer.“ (Keine Anordnung. Ein Wunsch!) „Wäre das ok für Sie?“ (Er ist frei „Nein“ zu sagen oder „Ja“, ohne Druck.) Wenn er nicht mehr ganz „zu“ ist, entdeckt er vielleicht die uns Menschen ursprünglich eigene Freude darüber, wie schön es ist, Mitmenschen einen Wunsch zu erfüllen.

Zu einem rücksichtsvollen, verlässlichen, verstehenden Miteinander aus freien Stücken ist es gar nicht so weit, 1,5 Meter, jenseits von Vorschriften und Rechthaben.

Könnte eigentlich so laufen, nächstes Mal.

 

Heinz Stickel