Ein Ort der Gemeinschaft
Ein Ort der Geselligkeit
Ein Ort der Unbeschwertheit
Ein Ort der Gespräche
Ein Ort des Gesanges
Ein Ort der Freude
Ein Ort des Feierns
Ein Ort der Fröhlichkeit
Ein Ort der Lebendigkeit
Ein Ort der Einkehr
Ein Ort der Stille
Ein Ort der Nähe
Ein Ort der Ideen
Ein Ort des Verweilens
Ein Ort der Geschichten
Ein Ort der Begegnungen
Ein Ort des Neubeginns
Eben einfach ein Ort
Auf den nicht verzichtet werden kann…
In den kommenden 25 Jahren
So ist es in der Granittafel am Teehaus eingraviert.
Die Kirchengemeinde Gerthe, damals noch selbstständige evangelische Kirchengemeinde im Bochumer Norden besaß Land rund um die Christuskirche und das ehemalige Gemeindehaus Bethanien, das im Zuge der Neubewertung der Grundstücke „Auf der Panne“ zu Bauland erhoben wurde.
In mindestens 3 Bauabschnitten wurden dort in den späten 80er-Jahren seitens der Stadt Bochum Grundstücke verkauft, die mit Neubauten von Reihenhausbebauung und Eigentumswohnungen auf ehemaligem Grabeland Neues entstehen ließen.
Die Kirchengemeinde entwarf erste Pläne und entwickelte Ideen einer Verwertung der eigenen Grundstücke, ohne zu jenem Zeitpunkt schon an eine ernsthafte Realisierung und Umsetzung denken zu können.
Die weltpolitische Lage Ende der 80er-Jahre machte es möglich, völlig neue Wege zu denken und auch in Angriff zu nehmen. Der Fall der Mauer und das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten eröffneten Euphorie und Ausblicke, die vorher undenkbar schienen. Begeistert wurde dieser
Rahmen auch hier in Bochum und im Ruhrgebiet erweitert durch den 24. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der zum ersten Mal nach der Wende in den Städten Essen, Bochum und Dortmund als Flächenkirchentag gefeiert wurde. In diesem Zuge erwuchsen Kontakte auch nach Osten, gerade in jene Bereiche, die über Jahrzehnte unerreichbar waren.
Die Stimmung im Lande und in der Gemeinde war so ansteckend euphorisch, dass alles denkbar und erlaubt erschien. Die Reisetätigkeit in die neuen Bundesländer nahm Fahrt auf und auch aus der Gemeinde gab es eine Fülle neuer Eindrücke und Begegnungen.
Der Besuch des Schlossparkes Sanssouci in Potsdam mit dem berühmten Teehaus Friedrich des Großen sollte eine Initialzündung werden für die Neubelebung von Brachgelände in der Gemeinde Gerthe.
Es sollte ein Ort der Begegnung werden, der den Ansprüchen der Gemeinde und der Region entsprechen sollte. Das Teehaus sollte nicht übertrieben ausgestaltet, aber einen „verspielten“ baulichen Charakter erhalten und damit einen Solitär der Gebäude auf kircheneigenem Grund darstellen, freistehend, mitten im Park, für jedermann zugänglich und liebevoll bewirtschaftet.
Ein Ort, den es so noch nicht gab und der im Gemeindehaus Bethanien, der ehemaligen Bergwerksdirektorenvilla, nicht umzusetzen war.
Es sollte zudem ein deutliches Zeichen der Zeit dokumentieren, dass die Kirchengemeinde mit ihrem geschichtlichen Gebäudebestand sich willens und in der Lage sah, Neues und Wegweisendes entstehen zu lassen.
Es wurde eine neues Gesamtkonzept entwickelt und das beinhaltete den Bau von 24 altengerechten Wohnungen auf dem gemeindeeignen Gelände, 3 Reiheneigenheime und eben das Teehaus. Kein Quadratmeter Grund und Boden sollte der Gemeinde verloren gehen, nichts wurde verkauft, und so wurden alle Bauprojekte in Erbpacht auf 75 Jahre angelegt. Die nachfolgenden Generationen sollten dereinst wieder selbst bestimmen können, wie sie ihre Zukunft in einer sich stets wandelnden Welt gestalten wollten. Zudem konnten so verlässliche und langfristige Verträge abgeschlossen werden, die der Gemeinde über Jahrzehnte regelmäßige Einnahmen garantierten eben ohne der Grundlage ihrer Existenz auf eigenem Grund und Boden verlustig zu gehen.
1995 wurde die Idee zu Errichtung eines Teehauses geboren und öffentlich gemacht, Finanzierungsideen entwickelt und Pläne zur Ausgestaltung des Teehauses entworfen sowie
Öffentlichkeitsarbeit auf allen Ebenen realisiert, um von der Idee zur Realisierung möglichst viele Menschen mit zu nehmen. Begeisterung sollte entfacht werden für das Unmögliche und Menschen gewonnen werden, die sich die Idee zum Bau des Teehauses mit zu eigen machten und ihren Beitrag, ihre Fähigkeiten, ihre Talente, ihre Arbeitskraft und ihre Zeit einzusetzen bereit waren. Wir stellten fest, dass wir so viele Talente und Energien in der Gemeinde besaßen, die es neu zu koordinieren und auf das Projekt auszureichten galt.
Am 9.März 1997 feierten wir mit morgendlichem Raureif open-air und unter großer Beteiligung interessierter Menschen vor Ort auf dem Brachgelände der Gartenfläche des ehemaligen Bergwerksdirektors den „ersten Spatenstich“ und eröffneten gleichzeitig die Grillsaison.
Die Gespräche, die in Hülle und Fülle an diesem Tag geführt wurden, verfeinerten schließlich die Baupläne des Teehauses; denn es wurde sehr deutlich, dass das Teehaus nicht nur als Sommerhaus, sondern ganzjährig zu nutzen seien sollte. Also – es musste unterkellert werden. Das steigerte in erheblichem Maße die Baukosten, versprach aber mehr Raum für eine ganzjährige sinnvolle Nutzung in der Gemeinde.
Was für kreative Zeiten waren das im Austausch miteinander!
Ein weiteres Gestaltungselement für die Überzeugungsarbeit und Einbindung der Gemeinde insgesamt und vieler Menschen im Ortsteil Gerthe war die Feier aller wichtigen Ereignisse rund um das Werden des Teehauses mit fröhlichen Festen und festlichen Gottesdiensten.
Am 27.September 1998 wurde der Grundstein gelegt, eben mit allem, was dazu gehört: Gottesdienst, Posaunenmusik, Erwachsene und Kinder, Urkunde und Kupferrolle und fröhliches Feiern.
„Nun aufwärts froh den Blick gewandt und vorwärts fest den Schritt…“, so heißt es u.a. in der Urkunde zur Grundsteinlegung und diente allen Beteiligten zu engagiertem Fortsetzen der Arbeiten rund um das Teehaus und seiner Verwirklichung.
Das Richtfest ermöglichte ebenfalls eine neue Dimension der Zusammenarbeit mit ortsansässigen Gewerken. Dachdeckermeister Deckert nutzte das Angebot an die Gemeinde, zum ersten Mal einen eigenen Dachstuhl zu errichten, eigentlich Zimmermannshandwerk, aber es gelang prächtig und wurde wieder begleitet von einem großartigen Fest.
Am 1. August 1999 war es soweit: Das Teehaus konnte eingeweiht werden. Mit sehr großer Beteiligung aus Stadt und Land waren hunderte von Menschen bei strahlendem Sonnenschein in der Christuskirche und anschließend vor Ort am neugebauten Teehaus. Die festliche und später ausgelassen fröhliche Stimmung übertrug sich auf alle Beteiligten. Der Akzeptanz des neuen Hauses stand nun gar nichts mehr im Wege.
Wir haben Gelder gesammelt und Spendern das Spenden erleichtert. Wir haben Listen geführt von Kleinst- bis zu Großbeträgen und namentlich alle erfassen können. Wir haben schließlich über die Jahre so großen Zuspruch erfahren, dass wir keine DM (er gab ja noch keine Währungsreform) fremd finanzieren mussten, keine Kredite, alles eben über Spenden und Eigenleistung.
Und diese Eigenleistungen waren ebenso ein großer Trumpf für alle Akzeptanz. Ehemalige Bergleute und Mitglieder der Männergruppe investierten mehr als 15 000 Stunden Eigenleistung und machten somit das Projekt realisierbar.
Wir haben so viele kostbare Momente des Miteinanders dokumentiert, fotografiert und immer wieder erzählt; das macht das Teehausprojekt in seiner Entstehung so lebendig.
Es sind die Namen und Gesichter, die unvergessen bleiben und immer auch mit diesem Projekt der Gemeinde verbunden sind, auch wenn viele jener Männer schon längst nicht mehr leben. Sehr große Dankbarkeit, hoher Respekt und ganz herausragende Wertschätzung gebührt jedem einzelnen von ihnen.
Dieser sollte zu einem eigenen Kapitel der Geschichte und der Geschichten werden. Es wurden in ehrenamtlichem Engagement Frauen und Männer gesucht und auch tatsächlich gefunden, die mit großer Liebe zum Detail und unendlicher Einsatzbereitschaft und -freude über all die Jahre dazu wesentlich beigetragen haben, dass das Teehaus im Park Bethanien zu dem geworden ist, was es heute ist:
Ein Ort der Lebendigkeit, der nicht mehr aus der Gemeinde und dem Stadtteil wegzudenken ist. In diesem Sinne: „ad multos annos! - noch viele Jahre“ möge dieser kostbare kleine Bau dem Leben und der Lebendigkeit der Gemeinde dienen und weiterhin auch über die Grenzen die Neugierde auf diesen besonderen Ort wecken.
All denen, die diesen Einsatz geleistet haben und noch leisten gebührt unendlicher Dank und allergrößter Respekt. Denn die Liebe geht durch den Magen und die Angebotsvielfalt von Kuchen und kulinarischen Angeboten ist und bleibt unübertroffen.
Zwei besondere Skulpturen zieren das Umfeld des Teehauses in seiner besonderen Gestalt – nebenbei, haben Sie schon entdeckt, dass kein Fenster im Teehaus gleiche Vermaßung hat, jedes Fenster ist eine Einzelanfertigung.
Auf dem Dach des Teehauses eine Storchenpaar, aus Edelstahl gefertigt, ein „lebendiges“ Nest, das zeigen soll, wir fühlen uns hier sehr wohl. Erschaffen von Erwin Kirchhof, der viel zu früh verstarb.
Vor dem Teehaus die Skulptur „Verbundenheit“ zum authentischen Ort Gerthe in der Geschichte verankert durch „Kohle und Stahl“, bearbeitet vom Schmiedemeister Thomas Golücke, der leider auch nicht mehr lebt.
So fügen sich Vergangenheit und Gegenwart zu einer hoffnungsvollen Zukunft an diesem besonderen Ort mitten in Bochum Gerthe im Park Bethanien – Das TEEHAUS als Hort lebendigen Miteinanders von Jung und Alt und über alle konfessionellen Grenzen hinweg in der Weite eines friedlichen Miteinanders einer vielfältigen Gesellschaft von Menschen, die guten Willens sind!
Erzählt die Geschichten und haltet die Flamme der Erinnerungen wach und lebendig, denn das veredelt den Ort mit den Menschen, die ihn erschaffen haben und weiterhin beleben.
Im August 2024
Johannes Romann, Pfarrer i.R.